Nießbrauch: Antworten für Eigentümer und Nießbraucher

So mancher Immobilieneigentümer lässt sich ein Nießbrauchrecht einräumen, wenn er eine Immobilie an ein Familienmitglied verschenkt. Was ist im Falle eines Nießbrauchs zu beachten?

Definition und Charakterisierung des Nießbrauchs

Nießbrauch bezeichnet das Nutzungsrecht, das eine begünstigte Person (Nießbraucher) an fremdem Eigentum hat. Demnach darf der Nießbraucher ein bestimmtes Gut wie eine Immobilie, ein Fahrzeug, Rechte oder Anteile, Vermögen oder Wertpapiere nutzen und Gewinne daraus erzielen, ohne selbst der Eigentümer zu sein. Dieses Nutzungsrecht ist weder verkäuflich noch vererbbar, weil der Nutznießer kein Eigentum am Nießbrauchsgegenstand hat.

Das Nießbrauchrecht kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn ein Immobilieneigentümer seine Immobilie im Familienkreis verschenken möchte, aber der neue Eigentümer nicht die volle Verfügungsmacht über die Erträge erhalten soll. Der frühere Eigentümer, nunmehr Nießbraucher, lässt sich das Recht einräumen, die fremde Immobilie zu nutzen und Erträge wie Mieteinnahmen zu beziehen. Dieses Instrument wird oftmals genutzt, um Immobilien im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge an Familienangehörige zu übertragen und Steuern zu sparen. Damit kann ein Immobilieneigentümer bereits zu Lebzeiten ein Grundstück oder Haus an seine Kinder übertragen und sich gleichzeitig das Recht sichern, diese Wohnimmobilie bis zum Lebensende zu nutzen beziehungsweise Mieteinnahmen zu erwirtschaften. Nießbrauch an einer Immobilie erfordert eine notarielle Beurkundung und einen Grundbucheintrag.

Gesetzliche Verankerung des Nießbrauchs

Das Nießbrauchrecht an Sachen ist in §§ 1030 bis 1067 BGB gesetzlich verankert, jenes an Rechten in §§ 1068 bis 1084 und jenes an einer Erbschaft und Vermögen in §§ 1085 bis 1089 BGB.

Arten des Nießbrauchs

Man unterscheidet zwischen Zuwendungs-, Vorbehalts- und Vermächtnisnießbrauch:

 

1. Zuwendungsnießbrauch: Das Eigentum an der Immobilie bleibt unverändert. Allerdings räumt der Eigentümer einer dritten Person ein Nutzungsrecht ein, das dieselbe gegen Entgelt oder unentgeltlich ausübt. Es besteht auch die Möglichkeit, eine teilentgeltliche Nutzung zu vereinbaren, indem der Nießbraucher beispielsweise 50 Prozent der Mieteinnahmen an den Eigentümer abliefert.

2. Vorbehaltsnießbrauch: Der bisherige Eigentümer überträgt das Eigentum an der Immobilie, behält sich aber selbst ein Nutzungsrecht.

3. Vermächtnisnießbrauch: Ein Erblasser kann per letztwilliger Verfügung einer dritten Person das Nutzungsrecht an einem bestimmten Nachlassgegenstand sichern.

Alternativen zur Vereinbarung eines Nießbrauchrechts

Eine Alternative ist das Wohnrecht, wonach der Begünstigte die Wohnimmobilie für seine eigenen Wohnzwecke nutzen darf. Bei Vereinbarung eines Wohnrechts hat der Betroffene das Recht, das Objekt selbst zu bewohnen. Eine Vermietung oder Verpachtung an dritte Personen ist dem Wohnrechtsinhaber nicht möglich.

Der Nießbrauch räumt dem Begünstigten ein umfangreicheres Nutzungsrecht ein als das Wohnrecht. Bei einer Nießbrauchregelung darf der Begünstigte die Wohnimmobilie nicht nur bewohnen, sondern auch vermieten und daraus Mieteinnahmen lukrieren. Er hat somit den wirtschaftlichen Besitz an der Immobilie inne.

Als weitere Alternative ist die Leibrente zu nennen. In diesem Fall bekommt der frühere Immobilieneigentümer den Verkaufspreis in Gestalt einer monatlichen Rente.

Vorteile und Nachteile des Nießbrauchs

Die Vorteile des Nießbrauchs gegenüber dem Wohnrecht liegen darin, dass der Nießbraucher Gewinne aus der Sache ziehen kann und damit die Immobilie in wirtschaftlicher Hinsicht wie ein Eigentümer nutzen darf. Das Nießbrauchrecht lohnt sich beispielsweise dann, wenn der Nutznießer aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim übersiedelt und die Wohnung nicht mehr selbst nutzt. In diesem Fall kann er aufgrund der Nießbrauchregelung das Objekt vermieten und sich Mieteinnahmen sichern.

 

Ein Nachteil des Nießbrauchs ist, dass der Nießbraucher für alle laufenden Kosten aufkommen muss, die während seiner Nutznießung für die Immobilie anfallen. Es besteht die Verpflichtung, die Wohnimmobilie zu pflegen und zu versichern.

Dauer des Nießbrauchs

Nießbraucher und Eigentümer können das Nießbrauchrecht zeitlich begrenzen: zum Beispiel bis zur Volljährigkeit oder zum Abschluss einer Ausbildung oder des Studiums. Wenn die Vertragsparteien das Nutzungsrecht nicht auf einen bestimmten Zeitraum einschränken, gilt es bis zum Tod des Nießbrauchers. Das Nutzungsrecht entsteht durch Unterzeichnung des dazugehörigen Nießbrauchvertrages. Sobald es im Grundbuch eingetragen ist, wirkt es auch gegenüber dritten Personen.

Beendigung des Nießbrauchs

Nießbrauch erlischt mit dem Tod des Nießbrauchers oder mit Ablauf des vereinbarten Zeitraums. Falls der Eigentümer der Immobilie vor dem Nießbraucher verstirbt, bleibt das Nutzungsrecht weiterhin aufrecht. Dasselbe gilt, wenn der Eigentümer die Immobilie verkauft oder verschenkt. Wenn der Nießbraucher in ein Pflegeheim oder eine andere Wohnung zieht, bleibt ein im Grundbuch eingetragenes Nießbrauchrecht ebenfalls bestehen. Dieses Nutzungsrecht darf nur mit der Einwilligung des Nießbrauchers aus dem Grundbuch gelöscht werden.

Übertragung des Nießbrauchs

Eigentümer und Nießbraucher können im beiderseitigen Einvernehmen das Recht auf Nutznießung löschen lassen. Dies ist meist mit einer Abfindungszahlung an den Nießbraucher verbunden. Der Begünstigte kann sein Nutzungsrecht nicht an eine andere Person übertragen, sondern die Ausübung dieses Rechts nur überlassen.

Rechte und Pflichten des Eigentümers

Aufgrund des Verfügungsrechts darf der Eigentümer die Immobilie jederzeit, auch ohne Zustimmung des Nießbrauchers, verkaufen. Er kann eine zeitlich begrenzte Ausübung des Nutzungsrechts im Nießbrauchvertrag regeln. Der Eigentümer muss für die außerordentlichen Kosten der Immobilie aufkommen.

Rechte und Pflichten des Begünstigten

Der Begünstigte (=Nießbraucher) darf die Immobilie vermieten und Gewinne wie Mieteinnahmen erwirtschaften. Gleichzeitig hat er diese Pflichten:

- Immobilie versichern gegen Brandschaden und sonstige Unfälle

- Immobilie im Sinne des Eigentümers erhalten, das heißt Renovierungen und Ausbesserungsarbeiten durchführen, soweit sie zur gewöhnlichen Unterhaltung (zum Beispiel Gartenpflege, Schönheitsreparaturen) zählen

- Nießbrauchsgegenstand im Bestand erhalten, das heißt, ihn weder verkaufen noch belasten

Kosten bei Nießbrauch

Der Nießbraucher muss alle laufend wiederkehrenden Kosten tragen. Dazu gehören Versicherungsbeiträge sowie die gewöhnlichen öffentlichen Lasten wie Grundsteuer, Kanalgebühren, Straßenreinigung und Müllgebühren. Auch Schönheitsreparaturen und kleinere Renovierungsarbeiten fallen darunter. Der Eigentümer muss die außerordentlichen Kosten und Lasten übernehmen wie Anlieger- und Erschließungsbeiträge sowie die Kosten für die Erneuerung von Heizung, Elektroinstallationen und Dach.

Besteuerung des Nießbrauchs

Im Falle des Nießbrauchs kann für den Begünstigten Schenkungsteuer oder Erbschaftssteuer anfallen, wenn die Freiträge überschritten sind. Die Steuerhöhe richtet sich nach Steuerklasse und Steuersatz. Darüber hinaus ist das Nießbrauchrecht für die Einkommensteuer relevant, weil der Nutznießer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung versteuern muss. Die Höhe der Einkommensteuer variiert je nach Form des Nießbrauchs.

Bewertung des Nießbrauchs

Der Kapitalwert des Nießbrauchs berechnet sich nach der Formel: Jahreswert x Vervielfältiger

Bei der Berechnung sind diese Kriterien zu berücksichtigen:

 

- Eingesparte Monatsmieten (bei Selbstnutzung) oder Miet- oder Pachteinnahmen pro Jahr

- Alter und Geschlecht des Nießbrauchers (Voraussichtliche Lebenserwartung)

Der Kapitalwert des Nießbrauchrechts ist in drei Schritten zu ermitteln:

 

Schritt 1: Jahreswert berechnen

 

Beispiel: X gewährt seiner 27-jährigen Nichte N den lebenslangen Nießbrauch an einem Mietwohngrundstück. Der Verkehrswert beträgt 615.000 Euro, der Jahreswert 34.000 Euro.

Gemäß § 16 Bewertungsgesetz darf der Jahreswert den Verkehrswert geteilt durch 18,6 nicht übersteigen: 615.000 Euro/18,6= 33.065 Euro. Da der tatsächliche Jahreswert mit 34.000 Euro höher ist, ist der niedrigere Wert von 33.065 Euro heranzuziehen.

Schritt 2: Vervielfältiger aus der Wertminderungstabelle ermitteln

Für die 27-jährige Nießbraucherin ergibt sich aus der aktuellen BMF-Wertminderungstabelle ein Vervielfältiger von 17,791.

 

Quelle: https://www.sis-verlag.de/archiv/andere-sonstige-steuerarten/verwaltungsanweisungen/7430-bmf-bewertung-einer-lebenslaenglichen-nutzung-oder-leistung-vervielfaeltiger-fuer-bewertungsstichtage-ab-1-januar

 

Schritt 3: Kapitalwert berechnen

33.065 Euro (Jahreswert) x 17,791 (Vervielfältiger) = 588.259 Euro (Kapitalwert)

 

Umsetzung des Nießbrauchs

Eigentümer und Nießbraucher regeln das Nießbrauchrecht per Vertrag, um Nutzungsgegenstand, Art des Nutzungsrechts und wechselseitige Rechte und Pflichte festzulegen. Anschließend muss ein Notar den Nießbrauchvertrag notariell beurkunden, bevor das Gericht das Nutzungsrecht mit einem Grundbucheintrag vermerkt. Für dieses Prozedere sollten Eigentümer und Nießbraucher einen Anwalt für Erbrecht und Immobilienrecht engagieren, um den Nießbrauch rechtssicher umzusetzen und die steuerlichen Aspekte zu berücksichtigen.

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